Die Kunst NEIN zu sagen, wenn es nötig ist

von Yogalehrer Gregorian Bivolaru

Yoga stellt eine große Bandbreite an jahrtausendealten Techniken zur Verfügung, die auch Mittel zur Dekonditionierung und spiritueller Selbstverwirklichung des menschlichen Wesens sein können. Die positiven Suggestionen können hier im täglichen Leben als ein spiritueller Katalysator aufgefasst werden. Wenn ihnen die nötige Aufmerksamkeit geschenkt wird, egal in welcher Reihenfolge sie verwendet werden, sind sie absolut hilfreich in unserem Dekonditionierungsprozess, der schließlich zu einer beschleunigten spirituellen Verwirklichung führt.

Man versteht manchmal nicht, dass man tatsächlich erst dann anfängt zu leben, wenn man entschlossen „NEIN“ sagt. Für einen Yogi bedeutet das „NEIN“ alles zu verleugnen, was nicht real ist. Jenseits des Anscheins bedeutet „NEIN“ zu sagen tatsächlich, höchste Freundlichkeit gegenüber den anderen und uns gegenüber an den Tag zu legen. Diese exakte und schlichte Haltung kann einem Jahre und sogar ein ganzes Leben des Schmerz und der Not ersparen, die man in Gleichmut akzeptiert.

NEIN zu sagen bedeutet tatsächlich ein entschlossenes „NEIN“ zu äußern gegenüber Erstarrung, nutzlosen Erwartungen, böswilligen Illusionen, Meinungen, negativen Konditionierungen, voreiligen Beurteilungen, dummer Kritik, falschen Schuldgefühlen, Störungen, Angst, Argwohn, Eifersucht, Klatsch und mechanischen Antworten. Kurz gefasst bedeutet dies, allem Übel zu widerstehen. „NEIN“ zu sagen, bedeutet auch bedingungsloser Gehorsam und Hingabe gegenüber Gott und spiritueller Loslösung.

„NEIN“ zu sagen, bedeutet tatsächlich „JA“

„NEIN“ zu sagen, ist nicht unbedingt eine negative, ablehnende Haltung, die auf eine verspannte und abstreitende Haltung hindeutet. Unter bestimmten Bedingungen, wenn man von seiner Intelligenz und innerem Feingefühl inspiriert ist, bedeutet dieses Wort tatsächlich Akzeptanz, Öffnung, und ist eine geheimnisvolle Pforte zur höchsten Realität, ungeachtet einer unübersehbaren niederen Illusion. Deshalb ist dieses „NEIN“ tatsächlich eine zweischneidige Haltung: Einerseits sagt man entschlossen „NEIN“ zu einem Aspekt, den man ablehnt, und andererseits „JA“ zu dem Aspekt, den man akzeptiert. Um ein Beispiel zu nennen, man sagt entschlossen „NEIN“ zu Störungen, was ein „JA“ gegenüber der Zuversicht bedeutet; durch die Ablehnung von Eifersucht, akzeptiert man dadurch losgelöste Liebe. Manchmal sagt man „JA“, obwohl man sich tatsächlich gewünscht hätte, entschlossen „NEIN“ zu sagen: Dies macht man aus Angst, Schwäche und Höflichkeit oder einfach infolge einer bockigen gewohnheitsmäßigen Haltung, die man bisher nicht aufgeben konnte. In solchen Fällen sollte man lernen, wie man die verschwendete Zeit nutzen kann, um wenigstens für die Zukunft zu lernen, wie man bei der ersten Gelegenheit „NEIN“ sagt. Früher oder später sollte man es ohnehin tun, also warum nicht eher? Wenn man erneut scheitert, „NEIN“ zu sagen, sollte man nicht überrascht sein, dass man in einer bitteren, grollenden und nutzlosen Demut endet, im gleichen Zustand der Apathie, steif wie ein Roboter.

Die Fähigkeit, gegen manche Situationen zu sein, ist keine negative Haltung an sich. Wenn man entschlossen eine schlechte Situation, Zustand oder Gefühl zurückweist, wenn man nicht länger akzeptiert, böse Gedanken und Haltungen aufrecht zu erhalten, bekommt das „NEIN“ eine positive Nebenbedeutung. Auf eine paradoxe Weise, auf den ersten grundlegend höchst natürlichen Blick, sollten man beim Äußern eines entschlossenen „NEIN“ zum richtigen Zeitpunkt, in sich gegenwärtig wachsendes Mitgefühl entdecken, Toleranz, Humor und Vergebung gegenüber den anderen und sich selbst. Es ist niemals zu spät, das entschlossene „NEIN“ zu sagen. Sei dir bewusst, dass es keinen Freund gibt, keinen spirituellen Meister oder Guru, der für dich „NEIN“ sagen kann. Es liegt an dir, es so schnell wie möglich zu tun. Aus der Sicht der spirituellen Entwicklung bekommt das Wort „NEIN“ und die Haltung, die es einschließt, die größte Bedeutung für Yoga und jeden echten spirituellen Pfad. Tatsächlich beinhaltet der Wunsch mehr zu wissen eine spezifische spirituelle Öffnung und deshalb das Streben nach einer neuen Realität, die verbunden ist mit erhabenen Zuständen des Bewusstseins. All dies beinhaltet das konstante Geschick, „NEIN“ zu sagen.

Man sollte „NEIN“ sagen zu alten Gewohnheiten, lähmenden Vorurteilen, den Klischees und schlechten Gewohnheiten

Diese werden nicht leicht zu beseitigen sein, weil man ihre Existenz in seinem Wesen seit vielen Leben ernährt und ermutigt hat. Die Versuchung wird noch lange Zeit danach bestehen, aber man kann jetzt sagen, dass die Anwesenheit des „NEIN“ wesentlich für einen wurde. In solchen Fällen wird einem eine willentliche Anstrengung, basierend auf einer positiven Suggestion, erlauben, entschlossen zu sagen: „NEIN, ich sollte nicht länger Opfer solch peinlicher Anhaftungen sein; ich sollte diese schlechte Gewohnheit nicht fortsetzen“, was hilfreich sein kann. Der Guru (spiritueller Meister) wird ein Wegbereiter sein, der Träger des „JA“, der dir klar die neuen Stadien zeigt, deren Durchschreitung als nächstes ansteht. Aber du bist der einzige, der den Weg geht, bemühe dich selbst, durch die Bedeutung der NEIN-sagens-Philosophie, um nicht wieder in die traurigen Umstände zurückzufallen, denen du gerade erst entkommen bist. „NEIN“ zu sagen, kann die positivste Sache in deinem Leben sein, aber manchmal auch die schwerste.

Es gab viele Hinwiese über die Bedeutung des „NEIN“. Aber zu lernen es tatsächlich im richtigen Moment zu sagen, ist manchmal eine wahre Kunst. Dies ist eine Lektion, die man für sich selbst lernen muss. Erst muss man sich entscheiden, es zu tun, danach ist es eine Frage der erfolgreichen Umsetzung. Wenn man einmal hierhin gekommen ist, wird man sich fragen: Wie soll ich lernen, dies zu tun? Zuerst lernt man „NEIN“ zu sagen, indem man auf sein Herz hört, das viele geheimnisvolle Gründe enthüllen wird, die bisher dem eigenen Verstand unbekannt sind. Unser Herz manifestiert in unserem Inneren die spirituelle Intuition, deshalb braucht es keinen Doktor- oder Ehrentitel. Es weiß einfach und inspiriert uns prompt im richtigen Moment. Man muss lediglich jenseits des Anscheins gehen und sollte dort freudvoll bemerken, dass man sehen kann. Das ist die Zeit, in der man bemerken sollte, dass dies Gottes Inspiration ist, die Selbstverwirklichung des Wesens, die Erleuchtung, Loslösung, Erweckung, die Intuition der Wahrheit, die Integration und die Erfüllung. Dann kann man sagen: „Ich habe es geschafft, „NEIN“ zu sagen.

„NEIN“ zu sagen, kann die anderen schockieren; und sogar einen selbst

Diese innere Haltung kann einen wie ein außergewöhnlicher innerer Katalysator auch dazu erwecken, den anderen zu helfen, damit sie sich selbst helfen zu können. „NEIN“ zu sagen, kann für manche Menschen ein wahrer spiritueller Weg sein. Und sie mögen in der Tat Recht haben. Irgendwo auf der Welt wird das „NEIN“ zur verkettenden Illusion Yoga genannt, woanders ist es ZEN; andere würden es lieber spirituelle Erweckung nennen. Wie dem auch sei, neben all diesem, bedeutet „NEIN“ zu sagen genau das, was es meint: entschlossen „NEIN“ zu sagen.

„NEIN“ zu sagen ist auch ein Prozess, den spirituellen Sprung des Lebens zu markieren. Man kann nicht „NEIN“ sagen ohne stetigen Fokus. Das bedeutet auch, nicht alles für selbstverständlich vorauszusetzen und sein Gehirn vollständig zu nutzen, um Dummheit abzulehnen. Wenn man „NEIN“ sagt, wird sehr viel Energie gespart, auch wenn es einem nicht bewusst ist. Auch erlöst man sich und wächst wirklich über sich hinaus. Wenn man entschlossen „NEIN“ sagen kann, hört man augenblicklich auf, ein Roboter zu sein und beginnt wirklich zu leben. Manche Menschen würden lieber glauben, du machst es aus Grausamkeit, fehlendem Mitgefühl, Bösartigkeit und Verantwortungslosigkeit. Aber dies sollte einem keine Sorgen bereiten und man sollte immer im Gedächtnis behalten, dass jeder das große Recht seiner Meinung hat.

„NEIN“ zu sagen, ist die leichteste Sache der Welt.

Um zu lernen „NEIN“ zu sagen, besuchen viele spirituelle Suchende Spiele, Schulen und Gruppen. Manche von ihnen beginnen, ihre Namen zu ändern und so genannte spirituelle Gewänder zu tragen. Viele von Ihnen denken oder verfallen der passiven Konditionierung, dass sie speziell ausgewählt sind, sogar wenn sie eigentlich nicht so fortgeschritten sind. Viele von ihnen sind im Sammeln und Lesen unendlicher mehr oder weniger erhabener Bücher gefangen. Auch können sie hartnäckig verschiedenen Praktiken beiwohnen, die sie aufgrund ihrer Unwissenheit als spirituell missverstehen. Wenn man wirklich entschlossen ist aufzuwachen, wird man vielleicht damit beginnen, sich selbst und die Art wie man war zu verspotten. Dann wird man sich ziemlich bewusst, dass man sich über sich selbst lustig macht und wird vielleicht in Weinen oder Lachen ausbrechen. Auch wenn „NEIN“ zu sagen der leichteste Weg der Welt ist, müssen ihn manche Menschen mehrmals wieder aufnehmen, bevor sie auf diese Weise Erfolg haben. Manch andere gehen einfach verloren.

Später sollte es einem gelingen, darüber zu lachen, zu weinen, für immer losgelöst zu sein oder sogar ein Buch zu schreiben. Man sollte auch erkennen, dass „NEIN“ zu sagen, durch Transfiguration vollständig unser Leben ändern kann und einem hilft, es dadurch erhaben und wundervoll zu sehen. In einem solchen Moment kann man wählen, entweder frei zu bleiben oder nach einer Weile zur Schläfrigkeit zurückzukehren. Man kann immer eine Wahl treffen, aber die beste und auch die einfachste Wahl ist, vorsichtig auf sein Herz zu hören und mit Feingefühl und Weisheit zu handeln. Dann wird man überrascht sein zu entdecken, dass alle Therapien und alle spirituelle Bücher sich tatsächlich auf diesen Drang beziehen: „Lerne, wie man „NEIN“ sagt“!

Dann kann man über alles lachen oder man kann sich bemühen, sein Geheimnis mit den anderen zu teilen oder frei all das durchsetzen, was man tun will. Auch mag man dank dieser Freiheit entscheiden, nichts weiter zu tun, als zu essen, wenn man hungrig ist, zu trinken, wenn man durstig ist, zu schlafen, wenn man müde ist, zu lieben, wenn man sich verliebt und entschlossen „NEIN“ zu sagen, wenn man „NEIN“ sagen möchte.

Es liegt an dir, was immer du tust oder tun wirst. Die grundlegende Sache ist, dass man niemals vergessen darf, dass es immer an einem selbst liegt. Wenn man wirklich darum bittet, wird einem Gott immer geben, aber wenn man das nicht tut, drängt Er einen nicht, etwas zu nehmen, MIT AUSNAHME VON DEM, WAS MAN VERDIENT.