von Gregorian Bivolaru, Notizen aus dem Yogakurs.

Viele Menschen hören nur über falsche Gurus oder spirituelle Leiter Geschichten, die leider absolut wahr sind. Weil diese Geschichten weitaus häufiger sind als die Geschichten über wahre, authentische Gurus oder spirituelle Leiter behalten diese Menschen ein verzerrtes und irrtümliches Gefühl über die Natur der Beziehung spiritueller Leiter – Aspirant.

Die authentisch-spirituelle Verbindung zwischen einem spirituellen Leiter und einem wahren Schüler hat nie etwas mit der Beziehung zwischen einem Herrn und seinen Sklaven gemeinsam gehabt. Sie schließt auch nicht ein, dass Schüler sich verneigen und für immer reglos vor den Füßen ihres Gurus bleiben, und dass sie ohne persönliche Anstrengung darauf warten, dass der Guru sich eines Tages ihrer erbarmen wird und ihnen die spirituelle Befreiung aus dem einzigen Grund gibt, dass sie ihm sein ganzes Leben gedient haben. Die Beziehung zwischen dem spirituellen Leiter und den Schülern hat auch nichts gemeinsam mit der oft komischen Beziehung zwischen einer Superstar und seinen hysterischen Fans, die ihn vergöttern und wie besessen hinter seiner kleinsten Bewegung oder dem kleinsten Blick her sind und der seinerseits sehr oft eine oberflächliche Person ist.

Die Beziehung spiritueller Leiter – Aspirant ähnelt auch nicht der Beziehung zwischen einem Militärkommandant und seinen hierarchischen Untergeordneten, die verpflichtet sind, alle Befehle blind auszuführen und die nach ihrer Fähigkeit befördert werden, die Befehle ihrer Vorgesetzten ohne Fragen zu stellen und ohne Zögern zu gehorchen.

Wenn wir als analogisches Beispiel eine gewöhnliche menschliche Beziehung auswählen müssten, die der idealen und tiefen Beziehung zwischen einem wahren Guru und einem wahren Schüler am nächsten ist, dann wäre die einzige Beziehung diejenige zwischen einem erfahrenen Bergführer und einem ehrgeizigen Bergsteiger.

Ein ehrlicher, hingebungsvoller und seriöser Aspirant ist wie ein Bergsteiger, der den höchsten Berg der Welt so bald wie möglich zu erobern wünscht, der aber zur Zeit den besten Weg nicht kennt und nicht genug Erfahrung hat, um dieses außerordentliche Abenteuer erfolgreich zu Ende zu führen. Wenn wir als Bergsteigeranfänger tatsächlich den Gipfel des höchsten Berges so bald wie möglich erobern möchten, hätten wir mehrere Möglichkeiten: wir würden zum Beispiel die dumme Entscheidung treffen, uns den Aufstieg alleine vorzunehmen oder wir könnten uns an eine Gruppe von erfahreneren Bergsteigern (die, wie wir, zum ersten Mal versuchen, den Gipfel zu erreichen) anschließen. Doch in beiden Fällen wären die Erfolgsaussichten vermindert und die Gefahren, denen wir ausgesetzt, wären größer. Eine andere Möglichkeit wäre, einen Reiseführer mitzunehmen, der von einer Person geschrieben wurde die selbst den Gipfel erreicht hat. So gut es auch geschrieben wäre, wäre das Buch aber nicht in der Lage, alle Erfolgsfaktoren in Betracht zu ziehen wie unsere Kraft und Begabung sowie Erfahrung als Bergsteiger und es könnte auch nicht alle Hindernisse wie Wetterwechsel, Gesteinsveränderungen, Erdrutsche und Schneelawinen, etc. vollständig vorausschauen.

Schließlich wäre die beste Wahl, sehr aufmerksam nach einer echten, lebendigen Person zu suchen, die es bis zum Gipfel geschafft hat und wünscht, uns den ganzen Weg zu begleiten und bei Bedarf zu helfen. Auf der Suche nach diesem Experten würden wir auf sein Aussehen, seine Kleidung, seine Religion oder seine Hautfarbe keinen Wert legen. Das einzige von Bedeutung wäre, ob er WIRKLICH DEN GIPFEL ERREICHT HAT, den wir besteigen wollen. Er muss den Weg sehr gut kennen, eine ausgezeichnete Begabung für das Lehren und Geduld sowie Erfahrung im Bergsteigen haben. Den Aufstieg muss er je nach unseren Fähigkeiten (Ausdauer, Vitalität, Kraft, Geschicklichkeit, Geduld) aber auch je nach unseren Makeln auswählen; der Aufstieg, der unseren wahren Fähigkeiten am besten angepasst ist. Er muss uns auch all das lehren, was er für notwendig hält, wodurch wir unser Ziel schnell und sicher erreichen.

In der Spiritualität wie in anderen Bereichen kann uns die Gegenwart eines ausgezeichneten Leiters, der auf ein authentisches Wissen und einen breiten Erfahrungsschatz verfügt, enorm helfen, die Zeit und die Energie, die wir sonst in unnötigen Anstrengungen vergeuden würden, zu reduzieren. Er kann uns helfen, den Schmerz und die Gefahr eines möglichen Misserfolges zu vermeiden. Er kann uns leicht zum vollständigen Erfolg führen, indem er uns Ratschläge gibt, wie wir unsere Kräfte am effizientesten nutzen. Er kann uns sogar helfen, wenn wir in einer schwierigen Lage sind. Er handelt weise, um uns zu helfen, einerseits von unseren destruktiven oder ungesunden Gewohnheiten abzukommen, die ansonsten künftig zu Hindernissen würden und andererseits die Entwicklungen der Eigenschaften, die uns in unserem Aufstieg helfen, zu fördern. All dies scheint unnütz zu sein für jemanden, der am Fuße des Berges steht, doch es ist äußerst wertvoll auf dem Weg zum Gipfel, wenn der Aufstieg immer schwieriger wird. So wie ein Bergsteigeranfänger sich selbst schwören müsste, dass er seinen Bergführer unterwegs nicht verlassen wird und falls er es trotz gesunden Menschenverstand täte, dass er selbst die volle Verantwortung tragen und riesigen Gefahren trotzen müsste, genauso müsste es ein authentischer spiritueller Aspirant tun – ansonsten kann die Beziehung spiritueller Leiter – Aspirant nie wirklich funktionieren.

Weil jeder Guru oder spirituelle Leiter seinen Schüler auf dem besten Weg, der seinen Eigenschaften und seiner Erfahrung entspricht, zur Selbstverwirklichung führt, wäre es unklug, die Führung von mehreren Gurus gleichzeitig anzunehmen – sowie der Bergsteiger den Berg nicht mit verschiedenen Bergführern und auf unterschiedlichen Wegen gleichzeitig besteigen kann. Jeder kann sehen, dass dies unmöglich wäre. Ein Vergleich, den die Yogis bevorzugen wäre, dass ein exzentrischer Reisende, der sicher über das Meer reisen möchte, seine Füße in zwei verschiedenen Booten hätte.

Wir können nicht behaupten, einen Guru zu haben bis wir ganz sicher sind, dass wir die richtige Person gefunden haben, jemanden, den wir bedingungslos zu folgen bereit sind. Dann müssen wir bereit sein, seine Lehre mit der gleichen Beharrlichkeit und der gleichen Hingabe anzuwenden. Genauso können wir nicht behaupten, wahre Schüler zu sein, solange wir nicht mit Selbstlosigkeit das tun, was er uns rät.

Jeder Guru hat sowohl Schüler als auch Anhänger. Unter den Anhängern befinden sich diejenigen, die, obwohl sie von der Authentizität des Leiters überzeugt sind, sehr wenig oder gar nicht wünschen, Anstrengungen auf dem Weg der Selbstverwirklichung zu machen. Diese Anhänger haben oft einen mangelhaften Vertrauen und testen ihren spirituellen Meister und andere Meister gleichzeitig. Sie vergeuden ihre Zeit, analysieren mental ihr Benehmen, ihren Charakter, ihre Lehre, ihre Bewegungen usw… Die wahren Schüler sind nur diejenigen, die vollkommen und entschlossen auf dem spirituellen Weg engagiert sind. Sie haben nicht das Bedürfnis, ihren Guru für jede Kleinigkeit zu überprüfen, und sie erlauben ihm ihnen zu helfen, sie zu unterstützen und ihnen sogar wenn nötig eine Prüfung zu stellen.

Sobald eine wahre Beziehung spiritueller Leiter – Aspirant erscheint, beginnt sofort, ohne Verzug, die authentische Reise zur Selbstverwirklichung. Während dieser Reise müssen beide, der Guru und der Schüler, ernste persönliche Verantwortung übernehmen. Wie ein Bergführer, so verpflichtet sich der Guru, seinen Schüler den ganzen Weg zu betreuen. Doch genauso wie wir es vom Bergführer nicht erwarten, dass er das Gepäck des Anfängers trägt, genauso können wir es vom Guru nicht erwarten, die spirituelle Reise anstelle des Schülers zu machen. Der Aufstieg, auch wenn er vom Guru geführt, unterstützt und sogar gefördert ist, muss sich dennoch auf die persönlichen Anstrengungen des Schülers stützen. Der Guru begleitet seinen Schüler immer auf spirituelle, energetische und telepathische Art, gibt ihm Schritt für Schritt Ratschläge, hilft ihm und erinnert ihn an den richtigen Weg. NUR WENN DER SCHÜLER WAHRLICH VORBEREITET IST, wird ihm der Guru die Abkürzungen und die hilfreichen Techniken und Methoden zeigen, um leicht alle Hindernisse zu überwinden. Nur dann wird er den Schüler über die Versuchungen, mit denen er konfrontiert werden könnte, warnen und wird seine Zweifel und Ängste mit Hilfe seines gewaltigen Wissens, seiner spirituellen Kraft und persönlichen Erfahrung aufheben.

Ferner inspiriert und führt der Guru seine Schüler mit der Kraft seines eigenen Beispiels. Doch müssen wir verstehen, dass der Guru die Arbeit für seine Schüler nicht erledigen kann. Er kann sie nicht den ganzen Weg „auf seinem Rücken“ tragen. Die einzige Ausnahme sind die regelmäßigen SPIRITUELLEN EXEMPLIFIKATIONEN, wenn wir von seiner Göttlichen Gnade direkt proportional zu unserem Grad an spiritueller Offenheit profitieren können. Folglich ist es unsere volle Verantwortung, diesen Weg mit keinem Halt und keinen Umwegen aufzusteigen, ganz gleich mit welchen Hindernissen, Schwierigkeiten oder Leiden wir konfrontiert werden. Der Guru hat nie die Verantwortung, uns stets und den ganzen Weg zu verhätscheln und uns „auf seinem Rücken“ zu tragen, denn das göttliche Ziel aller Aufstiege ist nicht, mehr und mehr von unserem Guru abhängig zu sein, sondern im Gegenteil mehr und mehr unabhängig und selbstständig zu sein, je mehr wir uns entwickeln. Nachdem der Schüler eine wahre spirituelle Entwicklung erfahren hat wird er AUTONOM.

Auch wenn der spirituelle Leiter selbstlos und bedingungslos seine Schüler betreut, ist er immer derjenige, der die Führung hat, der hilft und empfiehlt, nicht umgekehrt. Ein Schüler, der sich ärgert, weil sein Guru nicht das möchte, was er will und seine Wünsche nicht erfüllt, zeigt ein monumentales Unwissen und Egoismus. Der spirituelle Leiter oder Guru handelt genauso wie ein Bergführer, der für seine Bergschüler immer zur Verfügung steht und immer denjenigen führt, der ihn aufgrund seines besseren Wissens des Weges zum Berggipfel angeheuert hat. Folglich müssen wir vollkommenes Vertrauen in unseren spirituellen Leiter haben, in seine göttliche Entscheidungskraft zu entscheiden, was am Besten ist, in seine weise Inspiration und seinen selbstlosen Willen, uns zu helfen – erst dann sind wir seiner Hilfe wert.

Wenn wir für den einen oder den anderen Grund im Laufe unserer spirituellen Reise entscheiden, unseren Guru zu verlassen, müssen wir gleich am Anfang das RISIKO der SPIRITUELLEN STAGNATION annehmen, das Risiko, dass wir unsere spirituelle Entwicklung über Millionen von Jahren verzögern und wir schrittweise dämonischen oder sogar satanischen Versuchungen nachgeben.

Die Vorteile für den Schüler aus dieser Beziehung sind eindeutig. Doch welches sind die Vorteile für den Guru oder den spirituellen Leiter? Hier hört unsere Analogie mit dem Bergführer auf. Während ein Bergführer seine Dienste nur für finanzielle Vergütung anbietet, hat der wahre spirituelle Leiter in keinster Weise Bedürfnisse nach materiellen oder persönlichen egoistischen Vorteilen. Weil er ein PERFEKTES WESEN ist, genießt er die ganze Zeit und bedingungslos einen Zustand höchster Glückseligkeit und Erfüllung. Weil er vom unbegrenzten spirituellen Reichtum profitiert, den ein Dasein im Zustand ewiger Glückseligkeit beinhaltet und auf den er jederzeit willentlich zugreifen kann, wird er nie in Versuchung kommen, uns wegen materieller Güter oder irgend einer anderen Art von Belohnung zum Höchsten Wissen zu führen. Seine einzige Gegenleistung ist, dass er die Göttliche Ekstase erfährt, sobald einer seiner Schüler die Selbstverwirklichung erreicht. Dann fließt und manifestiert sich im Guru die Freude von Gott, wenn er eines seiner Kinder in Empfang nimmt.

Die heiligen Texte zeigen, dass die unendliche Liebe und das Mitgefühl Gottes die einzige Gründe sind, warum ein perfektes Wesen, das den Zustand von ewiger Einheit mit Gott oder Shiva erreicht hat, später die Rolle übernimmt, uns zu einem ähnlichen Zustand wie dem seinen zu führen. Nur die Liebe kann die Existenz perfekter spiritueller Leiter ermöglichen, ansonsten hätten wir nie solche Wesen unter uns gehabt, die in der Lage sind, uns den Weg zur Selbstbefreiung zu zeigen. Einzig aus grenzenlosem Mitgefühl übernimmt der Guru die Rolle eines spirituellen Leiters, der andere Menschen zur spirituellen Befreiung führt.

Was erwartet denn solch ein mitfühlendes und liebendes Wesen als Dank für seine unschätzbare Hilfe? Die einzige Sache, die der Guru stets von uns erwartet, ist dass wir unserseits perfekte Schüler sind, so dass er uns seine Liebe geben kann und dass er uns, voller Mitgefühl und mit Gottes Hilfe, so schnell wie möglich zu unserer spirituellen Befreiung führen kann. Wenn wir diese Ebene erreicht haben und mit unserem Guru gleich sind, werden wir selbst Zentren von unendlicher Liebe und Mitgefühl und spenden denen, die es verdienen, spirituelles Licht.

Vergesst nie, dass obwohl VIELE zum Ziel der Selbstverwirklichung gerufen werden, WENIGE erwählt werden. Die meisten unter ihnen stolpern, zögern, rechnen, stagnieren, verirren sich, kritisieren, erlauben sich in Versuchung zu sein, verfallen in Zweifeln oder lassen sich von ihrem Egoismus überwältigen. Die AUSERWÄHLTEN sind die Wenigen, die mit Liebe erfüllt sind, die bescheiden, geduldig, beharrlich sind und die letztendlich, vielleicht wenn sie es am wenigsten erwarten oder sogar jegliche Hoffnung verloren haben, plötzlich das ABSOLUTE erreichen und sich ekstatisch mit GOTT vereinen.

Der größte Feind des mittelmäßigen Schülers ist er selbst, besser gesagt sein EGO. Vergesst nicht:

„WENN DAS EGO VERSCHWINDET, TRITT IM SELBEN AUGENBLICK YOGA EIN UND WENN DAS EGO EINTRITT, VERSCHWINDET YOGA IM SELBEN AUGENBLICK“