Auf diesem spirituellen Weg wird das Höchste Ziel – die Erkenntnis des Eins-Seins mit Gott – durch wahres Wissen oder Weisheit (vergl. das griech. Wort Gnosis) und die klare Unterscheidung (Viveka), was wirklich und was nicht wirklich ist, erreicht. Alle Yogapfade sprechen vom Nicht-Wissen (Avidya) als Ursache von Unfreiheit und dem damit verbundenen Zyklus der Wiedergeburten. Die Praxis des Jnana Yoga erhellt diese Unwissenheit mit reiner Erkenntnis durch die Fusion mit den höchsten Energien des Supramentalen (Vijnana), durch die Beschäftigung mit den immer währenden Fragen wie: „Wer bin ich?“; „Woher komme ich?“; „Wohin gehe ich?“; „Was ist der Sinn des Lebens?“.
Ein Jnana-Yogi ist dauerhaft bestrebt in all seinen Handlungen, Gefühlen und Gedanken sich seiner inneren Natur bewusst zu werden und sein Höchstes Selbst zu offenbaren. Ein Hauptwerkzeug ist dabei die stille Meditation auf das Höchste Selbst (Atman). Diese Meditation findet Unterstützung durch das Hören der Lehren über die Einheit von Allem (advaita vedanta), die Reflexion dieser Lehren im innersten Wesenskern, die wohltuenden Resonanzphänomene, die auftreten durch das Zusammensein mit dem befreiten spirituellen Lehrer (sat-guru), und durch die ernsthafte Selbstergründung (atma vichara) durch die Frage: „Wer bin ich?“. Dabei zählt alles, was durch den Intellekt verstanden werden kann, nicht als endgültige Antwort (neti neti – nicht dieses, nicht jenes), da die unveränderliche Wahrheit immer nur reines Subjekt und nicht ein von außen benennbares Objekt sein kann.
Tat tvam asi – [Du bist DAS (Brahman – die Realität)]
(Chandogya Upanishad 6.8.7, Samaveda, Kaivalya Upanishad)Ayam atma brahma – [Das individuelle Selbst (Atman) und die Weltseele (Brahman) sind eins]
(Mandukya Upanishad 1.2, Atharvaveda)
Durch die Unterscheidung von dem, was das Wesen als Individuum repräsentiert – und im Unwissenden die falsche Identifikation ausmacht – und dem, was das Wesen im höchsten Aspekt seiner Göttlichkeit wahrlich ist, expandiert das Bewusstsein über alles hinaus, was Veränderung und Verfall unterliegt und wird letztendlich untrennbar und ewig eins mit dem Höchsten Selbst (Atman), das nicht unterschiedlich ist vom Höchsten Universellen Selbst (Brahma). Der im Westen bekannteste Vertreter dieser Yoga-Richtung ist Ramana Maharishi, dessen Lehre durch die Bücher von Paul Brunton im Westen verbreitet wurde.