Einige Gedanken über Demut und ihren Wert in der spirituellen Praxis

Von Gregorian Bivolaru

Motto: „Derjenige, der sich selbst erniedrigt, wird zu Gott aufsteigen. Derjenige, der voller Eitelkeit ist, wird untergehen.“

Unter allen spirituellen Qualitäten mit denen man einen zielstrebig Übenden, der bis zur Perfektion wachsen will, beschreibt, erstrahlt die Demut gleich neben der Liebe wie ein Diamant in einer königlichen Krone. Je schwieriger sie zu erreichen ist, um so mehr wird von allen aufrichtig Suchenden der Spiritualität nach ihr gestrebt und um so mehr wird sie geschätzt. Sie bedarf hauptsächlich einer göttlichen Integration der spezifischen Elemente des Individuums im Universum.

Die traditionellen spirituellen Lehren verlangen alle, dass man das „Ich“ und das „Mein“ aufgibt, welches im Vergleich zum GÖTTLICHEN SELBST (ATMAN) und dem Göttlichen Willen relativ wird. Das reinigende Feuer der Selbstaufopferung der Demut wird die Mängel des begrenzten Wesens verbrennen und wird dann bewirken, dass der göttliche Funken im Menschen (ATMAN) frei in ihm erleuchtet. Der Mensch wird sich dabei vom Endlichen ins Unendliche ausweiten, vom Potential zur Aktion, vom Streben zur Erfüllung.

Von einem gewissen Standpunkt aus kann die Demut von normalen Menschen kaum verstanden werden, da sie eben jene Eigenschaft ist, die ein bescheidenes menschliches Wesen durch einen mysteriösen Prozess von Alchemie und Evolution dem Höchsten Herren (GOTT) ähnlich macht. Es war kein Zufall, dass Jesus selbst in tiefer Demut die Füße seiner Jünger vor dem Abendmahl des Herrn wusch und die Jünger dann bat, das gleiche untereinander für jeden zu tun.

Auf diese Weise, durch bescheidene Dienste die keine Belohnung mit sich bringen, wird der demütig Dienende in seinem Herzen Platz machen für den Herrn. Wie Jesus es ausgedrückt hat wird er „arm im Geiste“ und wird so würdig für das Himmlische Königreich. Dies ist eben jene Bedeutung des Sprichwortes „Der Letzte wird der Erste sein“, die demütigen Menschen mit einer einfachen Seele werden bald die „ursprüngliche Schönheit“ erlangen, den ursprünglichen göttlichen Zustand, den androgynalen Zustand des Adam.

Jesus sagte ebenfalls: „Selig werden die Sanften sein, denn sie werden die Erde erben.“ Es ist ein großes Geheimnis der Einweihung, das Er hier offenbart, da nämlich die Spiritualität das Zeichen des subtilen Elementes Erde ist, das im menschlichen Wesen auf dem spirituellen Pfad assimiliert wird. Im Anklang an das geheimnisvolle Gesetz der Analogie, der subtilen Korrespondenz und der Resonanz, kann ein intelligentes menschliches Wesen den Himmel kennen lernen. Denn „was oben ist, das ist auch unten“ und die Erde ist durch ihre mysteriöse Matrix-Form ein Spiegel für die erhabenen Qualitäten des Himmels. Demut liefert tatsächlich eine Verstärkung von großartigen Qualitäten: wenn wir demütig sind, dann sind wir auch rein, nicht besitzergreifend, wir leben in der Wahrheit, selbstlos und bereit zur Selbstaufopferung, die uns weise machen wird.

Man sollte allerdings Demut nicht mit Fügsamkeit verwechseln, mit einer blinden bedingungslosen Unterwerfung, die sinnlos ist. Man sagt, um sich zu erheben müsse man sich zuerst beugen. Fügsamkeit ist in der Tat ein Akt des Beugens, aber ihm fehlt der Wunsch des Erhebens. Fügsamkeit kommt von Schwachheit, von Hilflosigkeit und der Angst, verfolgt zu werden. Meist ist es ein unbewusstes Verhalten. Die Menschen verwechseln oft die Haltung des sich Beugens in falscher Ergebenheit mit der authentischen Demut.

Demut ist viel mehr das genaue Gegenteil: sie ist eine vollständig noble Haltung, sie ist respektabel, erhebend, unaussprechlich, göttlich; dies ist die Haltung der Starken. Demut bedeutet, den Wert der Mitmenschen tiefgründig und ehrlich anzuerkennen, besonders wenn sie uns überlegen sind, aber dies bedarf immer eines Unterscheidungsvermögens.

Demut mag sogar eine Art der Bewunderung für ein weises Wesen beinhalten, besonders wenn wir es durch Unterscheidungsvermögen und Einfühlungsvermögen erkennen. Dies ermöglicht auch unserem Wesen, viel einfacher und effizienter die göttlichen Energien in sich aufzunehmen, die diese weise Person verkörpert. Demut verleiht auch die erstaunliche Fähigkeit, sehr leicht aus Fehlern zu lernen – egal ob aus unseren eigenen Fehlern oder denen anderer – aber dies wird nur für jene zu einer Eigenschaft, die bereits bis zu einem gewissen Punkt Weisheit erlangt haben. Denn nur durch die Demut können wir über unser Ego hinaus blicken und diese Fehler erreichen und sie mutig mit voller Verantwortung annehmen. Unablässig mit Leidenschaft und Durchhaltevermögen danach zu streben, Demut zu assimilieren und zu verstärken, bedeutet vor allem nach Hingabe, Liebe, Weisheit und vornehmlich nach GOTT zu streben.

Wir empfehlen Euch, (losgelöst) die Früchte dieser göttlichen Qualität zu genießen, indem ihr mit Hilfe der yogischen Identifikation (Samyama) diese Bilder betrachtet, die den Zustand der Demut exemplifizieren. Erinnert Euch in diesem Zusammenhang daran, dass EINE UNZE PRAXIS TONNEN VON THEORIE AUFWIEGT.